Wir haben einen Stern aufgehen sehen...
Besinnliches zu Advent und Weihnachten 2015
„Bei Dunkelheit kann ich nicht so gut sehen. Wenn’s hell ist, dann sehe ich besser!“ – Das – denke ich – ist unser aller Erfahrung.
Aber – es gibt auch die ganz andere Erfahrung: Bei Helligkeit, beim Tageslicht, schauen wir nur bis zur Sonne. In der Dunkelheit aber schauen wir – mit bloßem Auge – tiefer in das Weltall. Wir können bis zu den Sternen sehen und jeder Stern ist von der Erde viel weiter entfernt als unsere Sonne!
So gesehen ist die Dunkelheit eine Bedingung für „tieferes Sehen“.
Sie hatten einen Stern aufgehen sehen..., die Drei aus dem Morgenland. Um sie herum muss es dunkel gewesen sein, sonst hätte ihnen dieses Licht nicht aufleuchten können!
Dunkelheit kann Angst machen, Unsicherheit hervorrufen; man hat keinen Durchblick, weiß keinen Weg, findet keinen Ausweg...
Dunkelheit aber lähmt nicht nur, sie macht auch aufmerksam und wachsam. So geht den Dreien – in der Dunkelheit – ein Licht auf!
Sie hatten einen Stern aufgehen sehen... und hatten mehr gesehen als nur einen Stern. Sie deuteten das Zeichen und machten sich auf den Weg. Sie wollten den König suchen, ihn finden und ehren. Um- und Irrwege mussten sie gehen bis sie das „Kind in der Krippe“ fanden und in diesem Kind „Gott den Herrn“ ehren und anbeten konnten.
Dunkelheit hat heute viele Namen: Einsamkeit; Sinnleere; persönliches oder das Leid anderer; Flüchtlingsströme; Krieg und Terror; kleine und größere Enttäuschungen, die das Leben so mit sich bringt; Gebrechlichkeit, Krankheit, Tod.
Oft geraten wir in die Dunkelheit des Zweifelns. Wie schwer fällt es uns, Unerträgliches mit der Liebe Gottes zu uns Menschen zu vereinbaren.
„Weihnachten feiern“ – „Erscheinung des Herrn feiern“ – „Eucharistie, Tod und Auferstehung Jesu feiern“, könnte das alles nicht auch heißen:
In der Dunkelheit unserer Fragen, in der Nacht unserer Zweifel wird uns ein Licht aufgehen, wird uns ein Stern geschenkt, ein Stern, der uns den Weg weisen will.
Diesem Stern folgend, werden wir – wahrscheinlich mit mancherlei Umwegen – zum „Kind in der Krippe“ geführt.
Wie die Sterndeuter dürfen auch wir tiefer sehen: in diesem Kind „hat Gott einen Schritt auf uns Menschen zugetan“; in diesem Kind „hat Gott seinen Fuß auf diese Welt gesetzt“, auf eine Welt, die nicht sicher, sondern immer wieder im hohen Maß gefährdet, ja lebensgefährlich ist.
„Gott hat einen Schritt auf uns Menschen zugetan“ – „Gott hat seinen Fuß auf diese Welt gesetzt“:
Er lässt uns Menschen nicht allein; er teilt mit uns das Leben – alles Leid, alle Zweifel, alle Verunsicherung, selbst den Tod und schenkt uns Leben!
Liebe Besucher unserer Klosterkirche,
lieber Besucher unserer Internetseite!
Mit diesen Gedanken wünsche ich, dass wir uns immer gegenseitig auf den Stern aufmerksam machen, der uns im Dunkel des Lebens aufgeht und uns zu Gott führt, der mit uns leben will.
Allen, die im zu Ende gehenden Jahr mit uns Gottesdienst gefeiert und die uns im Bußsakrament und im Sprechzimmer ihr Vertrauen geschenkt haben; allen, die in Kloster und Kirche „Hand angelegt“ haben, weil’s immer was zu tun gibt; allen, die uns finanziell und ideell unterstützt haben, danke ich auch im Namen meiner Mitbrüder ganz herzlich.
Einen gesegneten Advent und eine gnadenreiche Weihnachtszeit, sowie Gottes Segen für das Jahr 2016 wünscht Ihnen
Ihr Pater Werner Pieper OMI, Rektor
und die Mitbrüder des Oblatenklosters